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Inside SRHT: So läuft die Ausbildung zum Höhenretter ab


In den vergangenen Wochen haben zwei unserer Teammitglieder erfolgreich die intensive Ausbildung zum SRHT-Höhenretter absolviert. Doch was verbirgt sich genau hinter dieser anspruchsvollen Ausbildung, und welche Eigenschaften sollte ein angehender Höhenretter mitbringen? Wir haben ein Interview mit Wolfgang geführt, einem der beiden ausgebildeten und geprüften Höhenretter aus unserem #TeamHöHENPASS.

Wie unterscheidet sich die SRHT Ausbildung von der Schulung Steigen und Retten gemäß DGUV 198/199? 

„Eine Schulung nach DGUV Regel 112-199 unterweist die teilnehmenden Personen in der „Benutzung von persönlichen Absturzschutzausrüstungen zum Retten“ für i.d.R. einen begrenzten Arbeitsbereich, z.B. das Hochregallager. Bei den Teilnehmern solcher Schulungen handelt es sich meist um Mitarbeiter eines Unternehmens, die PSAgA nur als reaktives System verwenden. Sollte es während ihrer täglichen Arbeit zu einem Sturz kommen, müssen sie gemäß vorhandenem Rettungskonzept und standardisiertem Ablauf in den gewohnten Arbeitsbereichen einen verunfallten Kollegen sicher aus dem Hängen im Gurt befreien und retten können. Eine SRHT-Ausbildung verfolgt letztlich einen ganz anderen Ansatz: Im Rahmen der 2-wöchigen Ausbildung werden die Teilnehmer darauf vorbereitet, auch in komplexen Situationen die Lage beurteilen und mit den vor Ort gegebenen Möglichkeiten ein geeignetes und sicheres Rettungssystem installieren und einsetzen zu können. Eine große Bedeutung kommt dabei der Schaffung und Beurteilung geeigneter Anschlagmöglichkeiten zu: „Der Anschlagpunkt ist das Bindeglied zwischen vorgefundener Lage und standardisiertem Seilaufbau“ hat uns unser Ausbilder dazu ständig gepredigt.“ 

Teilnehmer der SRHT Ausbildung sollen eine gewisse „physische und psychische Eignung“ aufweisen. Was bedeutet das? 

„Die psychische sowie physische Belastung für einen (angehenden) Höhenretter ist sehr hoch. Geistige und körperliche Fitness sind wichtig, da ein Höhenretter unter extremen und wechselhaften Bedingungen arbeiten muss. Außerdem wird wie für jede andere Person, die in absturzgefährdeten Bereichen arbeitet, auch für SHRT Kursteilnehmer die betriebsärztliche Untersuchung G41 empfohlen. Ich sollte mir natürlich bewusst darüber sein, dass ich keine üblichen Höhenarbeiten ausführe, die zu meiner täglichen Arbeit gehören. Als Höhenretter hänge ich auch schonmal in 100 Metern Höhe von einem Brückenkopf oder krieche in voller Montur durch beengte Räume. Das ist körperlich herausfordernd und könnte durch mögliche Klaustrophobie oder Höhenangst weiter erschwert werden. Die psychische Eignung ist also von entscheidender Bedeutung und etwas komplexer. Außerdem erfolgen Höhenrettungseinsätze in der Regel dann, wenn vorher ein Unfall passiert ist, eventuell ist jemand schwerverletzt und bewusstlos. Von solchen Gegebenheiten darf man sich nicht aus der Ruhe bringen lassen, um sich und andere nicht zu gefährden.“

Wie anspruchsvoll ist der Theorieteil der SRHT Ausbildung?

Unsere bereits abgeschlossene FISAT- Ausbildung hat uns natürlich schon einen soliden Grundstein für den theoretischen Teil gelegt. Erst haben wir uns mit verschiedenen Sicherheitsgrundsätzen beschäftigt, wie zum Beispiel der Lagebewertung, und darüber nachgedacht, wie Unfälle überhaupt entstehen und wie man sie verhindern kann. Ein Schwerpunkt lag auf der Kräfteverteilung an Anschlagpunkten: Wie zuverlässig sind Anschlagpunkte, wenn ein Seil dazwischen gespannt wird? Welche Kräfte wirken auf die Anschlagpunkte? Wie kann man ein sicheres Seilsystem aufbauen, um die Kräfte richtig zu verteilen? Des Weiteren haben wir uns mit Knotenkunde und Materialkunde beschäftigt, wobei es definitiv von Vorteil war, bereits einige Vorkenntnisse zu haben. 

Obwohl wir bereits in früheren Schulungen und Ausbildungen diese Themen behandelt haben, war es trotzdem dieses Mal aufgrund der 2-Personen-Betrachtung deutlich umfangreicher und komplexer. Denn du musst nicht nur dich selbst sichern, sondern auch einen möglichen Patienten sicher transportieren können."

WELCHE TECHNIKEN WURDEN ERLERNT UND TRAINIERT?

"In der Höhenrettung wie auch in der Seilzugangstechnik wird stets mit einem redundanten, also doppelten, Sicherungssystem gearbeitet. Das bedeutet, dass neben dem Tragseil, an dem du dich auf- und ab bewegst, an einem parallel laufenden zweiten Seil ein Sicherungsgerät unbelastet mitläuft. Sollte das Tragseil versagen, greift dieses System und verhindert einen Absturz. 

Im Rahmen unserer Ausbildung haben wir gelernt, unterschiedliche vertikale und horizontale Systeme aufzubauen und damit die Rettung und Begleitung hilfloser Personen in einer Korbtrage trainiert. 

So haben wir uns im Laufe der zwei Wochen vom Aufbau einfacher ablassbarer Vertikalstrecken über Transport- und Schrägseilbahnen bis hin zum komplexen Bau einer  Kranseilbahn gesteigert.

Und da es schließlich „Spezielle Rettung aus Höhen UND TIEFEN“ heißt, haben wir daneben auch die Rettung aus engen Räumen und Schächten geprobt.“ 


Vor welcher Situation hast du den größten Respekt? 

„Während eines realen Einsatzes trägt jeder Höhenretter eine immense Verantwortung. Daher ist es wichtig, vor jeder Situation eine angemessene Portion Respekt zu haben. Das Schlimmste wäre es, die Distanz zur Situation zu verlieren und unüberlegt oder überstürzt vorzugehen.

Für mich persönlich wäre die Rettung aus engen Bereichen besonders herausfordernd. Die Vorstellung, eine verletzte Person aus einem Schacht oder Rohr mit nur 60 cm Durchmesser zu retten und mich dabei nur vorwärts und rückwärts robben zu können, finde ich beängstigend. Zusätzlich weiß man oft nicht, was einen am anderen Ende erwartet. Gibt es genug Sauerstoff? Wie kann eine bewusstlose Person im Notfall transportiert werden? Vor solchen Situationen habe ich den höchsten Respekt.“